Vorbereitung auf Gutachten

In den meisten Umgangs- und in praktisch allen Sorgerechtsverfahren wird der Richter einen Gutachter beauftragen. Betroffene gehen oftmals davon aus, dass hier qualifizierte Fachleute am Werk sind. Sie gehen völlig unvorbereitet und mit falschen Vorstellungen über Aufgabe und Motivation des Gutachters in die Begutachtung.

Mit diesem naiven Vertrauen in die Fachkompetenz und Redlichkeit des Gutachters reden sich emotional Betroffene um Kopf und Kragen und versorgen den Gutachter offenherzig mit Informationen, die man ihm besser nicht geben sollte: Gutachter sind Dienstleister, d. h. sie verdienen damit ihr Geld, und zwar zwischen 3.000 - 10.000 Euro pro Gutachten. Und 'Auftraggeber' sind nicht Sie, sondern der Richter, auch wenn Sie es bezahlen dürfen. 

Sowohl die Fernuniversität Hagen unter Prof. Stürmer als auch die IB-Fachhochschule unter Prof. Leitner konnten in Studien nachweisen, dass ein erheblicher Teil aller Gutachten (bis zu 75 %) nicht einmal den formalrechtlichen Bedingungen genügen. Sowohl die fehlende oder mangelnde Qualifikation des Gutachters als auch der fehlende wissenschaftliche Ansatz oder mangelnde Transparenz des Begutachtungsprozesses werden in beiden Studien angemahnt.

Viele Gutachter verwenden psychologische Testverfahren. Manche davon entsprechen nicht den geforderten Standards. Oft sind die Gutachter nicht qualifiziert, um diese Testverfahren auszuwerten. Oder sogar Diagnosen über psychische Erkrankungen zu stellen.

Dennoch halten sich Richter i.d.R. an die Empfehlungen des Gutachters.

Mit diesen Studienergebnissen und dem Wissen um die wirtschaftlichen Interessen empfehle ich jedem Betroffenen, sich in enger Absprache mit dem Anwalt/der Anwältin genauestens zu überlegen, ob Sie sich an der Begutachtung überhaupt beteiligen sollten. Niemand kann Sie dazu zwingen.

Aber es ist eine Konsequenzenabwägung - letztlich die Entscheidung zwischen 'Pest und Cholera': Der Richter wird kaum glücklich darüber sein, wenn Sie sich verweigern. Auf der anderen Seite ist es sehr schwierig, ein miserabels Gutachten erfolgreich anzugreifen.

Wenn Sie sich aber - mit Ihrem juristischen Vertreter zusammen -  für eine Beteiligung an der Begutachtung entscheiden, empfehle ich Ihnen dringend, sich gut darauf vorzubereiten, und zwar inhaltlich als auch persönlich.

Zeitbedarf 1 - 3 Stunden. Es kann notwendig sein, sich mehrfach kurz abzustimmen,  je nach Fortgang der Begutachtung.

Die Beratung erfolgt telefonisch oder über Skype bzw. FaceTime.
 


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